Erfahrungsbericht von Andrina

13. März – 25. Mai und 28. Juni – 30. Juni 2023

Im Herbst 2022 habe ich mich dazu entschieden einen längeren Auslandaufenthalt im Rahmen eines Volontariats zu machen. Dieser Entscheid ist rückblickend der beste, welcher ich für die Zeit nach mei­nem Studienabschluss machen konnte. Nachdem ich das erste Mal Rücksprache mit der Vertretung aus der Schweiz der Fundacion «Minadores de Sueños» gehalten hatte, wusste ich, dass ich mich auf dieses Abenteuer einlassen möchte. Ohne genau zu wissen, was mich alles erwarten wird, habe ich mit den Reisevorbereitungen begonnen.

Im März 2023 war es dann so weit und meine Reise nach Quito begann. Die ersten zwei Wochen habe ich in Quito bei einer Gastmutter verbracht. Monika, meine Gastmutter, beherbergte zur gleichen Zeit fünf andere Volontäre in ihrem Haus. Während dieser Zeit besuchte ich jeweils halbtags eine Spanischschule, um meine Spanischkenntnisse aufzufrischen. Nachmittags hatte ich jeweils Zeit, die Stadt zu erkunden, mich mit der ecuadorianischen Kultur etwas vertrauter zu machen oder meine Spanischhausaufgaben zu erledigen. Die Abende und das Mittagessen verbrachte ich meistens im Haus meiner Gastmutter mit allen anderen Volontären mit interessanten Gesprächen.

Mitte März startete ich mit voller Vorfreude und Neugierde meinen Einsatz bei der Fundacion «Minadores de Sueños». Obwohl ich schon zwei Wochen im Land war, erlebte ich einen erneuten Kulturschock bei meiner Ankunft im Viertel «Rancho los Pinos». Denn dort herrscht nochmals einen ganz anderen Alltag, als den ich zuvor im Norden von Quito kennengelernt habe. Die grosse Armut war von Tag eins sichtbar. Die Familien im Viertel leben in kleinen Häusern, teilweise noch nicht fertiggestellt und teilen meistens das Zimmer oder sogar das Bett mit ihren Familienmitgliedern. Auch lernte ich früh, dass Gewalt gegenüber den eigenen Kindern und eine ungenügende Versorgung der Kinder, einer der grössten Sorgen und Ängsten für die Mitarbeitenden der Fundacion darstellt. Trotz diesen traurigen Erkenntnissen war es für mich umso überraschenden, die strahlenden Gesichter der Kinder in der Fundacion zu sehen. Den Kindern hätte ich selbst nicht anmerken können, in welchen teilweisen prekären Verhältnissen sie zu Hause leben. Die Mädchen und Jungs strahlten täglich eine grosse Portion an Wertschätzung, Dankbarkeit und Liebe aus, so wie ich sie noch nie bei der Arbeit mit Kindern in der Schweiz erlebt habe. Meine Tätigkeit mit den Kindern zeigte mir auf, mit welcher privilegierten Weltsicht ich bis anhin durchs Leben ging, und ich lernte von den Kindern, wie wenig das es braucht, um glücklich zu sein. 

Meine Tätigkeiten als Volontärin in der Fundacion beinhalteten als Schwerpunkt, die Unterstützung bei der Hausaufgabenbetreuung. Es stehen insgesamt drei Klassenzimmer zur Verfügung für drei verschiedene Schulfächer. Ein Zimmer für die Mathematik, Sprachen (Spanisch und Englisch) und ein drittes für die Themen Soziales, Naturwissenschaften und Geschichte. Ich half dort mit, wo es mich gerade brauchte, oder teilte den Kindern Zusatzaufgaben aus. Manchmal war ich schon eine grosse Hilfe, wenn ich mit den Kindern was Spielen oder Basteln konnte. Leider zeigten sich bei einigen Kindern Lernschwierigkeiten und Defizite, welche viel früher thematisiert und angepackt hätten werden sollen. Doch wie vieles in Ecuador ist auch das Schulsystem mit vielen Problemen und Herausforderungen konfrontiert.

Vormittags waren jeweils andere Kinder vor Ort als nachmittags. Mit den beiden anderen Volontären, Jonas aus der Schweiz und Anke aus Deutschland, starteten wir zusätzlich ein eigenes Projekt mit den Kindern. So durfte jeweils immer eine kleine altersdurchmischte Gruppe sich mit unseren Projektarbeiten auseinandersetzen. Das Angebot war vielfältig, so wie die tägliche Arbeit in der Fundacion, über Geografieunterricht, Musizieren, Sport und Gartenkunde fand jedes Kind etwas in seinem Interesse. Weiter halfen wir Volontäre beim Austeilen des «Refregerio» (kleiner Snack für die Kindern), beim Abwasch, der Aufsicht beim Zähneputzen und Einhalten der Hygienekontrollen und bei diversen Unterhaltsaugaben, die Rund um die Fundacion anfielen. Eines der täglichen Highlights war für mich jeweils das gemeinsame Mittagessen mit allen Mitarbeitenden der Fundacion. Das Mittagessen dauerte meistens 1 Stunde und war jeweils eine gute Gelegenheit, sich über alltägliche Dinge zu unterhalten, fernab vom Arbeitsalltag. So lernte ich die Angestellten (Lehrpersonen und Sozialarbeiterin) auch privat besser kennen. Der Stellenwert des «Almuerzo» (Mittagessen) ist in Ecuador sehr gross und dieser spürte ich auch in der Fundacion. Die Kinder assen jeweils vor oder nach uns und das Essen ist gratis für sie. Um 17:00 Uhr war jeweils unser Volontär-Alltag beendet. Vereinzelt fielen nach 17:00 Uhr noch zusätzliche Sitzungen oder Elternabende statt, wo wir freiwillig mithelfen konnten.

Nebst der Arbeit mit den Kindern standen die regelmässigen Hausbesuche und Schulbesuche im Viertel «Rancho los Pinos» der Sozialarbeiterin auf dem Programm. Dabei durfte ich die Sozialarbeiten manchmal begleiten und lernte nochmals näher die Lebensrealitäten der Kinder und Jugendlichen aus dem Viertel kennen. Es waren sehr eindrückliche und nachdenkliche Bilder, welche ich bei den Hausbesuchen erhielt.

Ein Highlight in meinen knapp 3 Monaten in der Fundacion «Minadores de Sueños» war das 3-tägige Zeltlager mit den Kindern. Dieses fand kurz vor den Sommerferien der Kinder statt und gemeinsam fuhren wir auf einen Zeltplatz in der Nähe von Quito. Ich erlebte die Kinder hier nochmals von einer neuen Seite. Denn hier ging es wirklich darum «nur» Kinder sein zu können, ohne den Druck der Schule mit den Hausaufgaben zu haben. Die Kinder hatten Zeit zum Spielen, Lachen, Tanzen, Schwimmen und gemeinsame Challenges anzupacken. Die fröhlichen Gesichter und die Gelassenheit der Kinder und Jugendlichen zeigte mir nochmals von neuem, wie wichtig die ganze Arbeit der Fundacion ist und welche Bedeutung sie für die Kinder hat. Der Abschied am Ende meines Volontariats und die Verabschiedung der Kinder und Jugendlichen fiel mir sehr schwer. Denn bereits in dieser kurzen Zeit sind mir die Kinder sehr an Herz gewachsen.

Zwischen meinem letzten Arbeitstag in der Fundacion im Mai 2023 und den letzten drei Tagen im Zeltlager durfte ich das Land Ecuador noch besser kennen lernen. Ich konnte einen Monat lang das Land bereisen und bekam alle drei Regionen (Sierra, Costa und Oriente) zu sehen. Was mir noch fehlt sind die Galapagos-Inseln, welche ich mir noch für später aufheben kann.

Ich bin sehr dankbar für die wunderschöne, eindrückliche, lehrreiche und teilweise auch herausfordernde Zeit, die ich mit allen Menschen in der Fundacion «Minadores de Sueños» erleben durfte. Die Erinnerungen und neuen Freundschaften werde ich mein Leben lang mit mir tragen. Ich wünsche dem ganzen Team, insbesondere der Fundacionsleiterin, Alba, weiterhin viel Motivation, Energie und Lebensfreude in ihrer wichtigen und wertvollen Arbeit für und mit den Kindern von «Rancho los Pinos». 

Andrina Imhof